Onomastik als Hilfswissenschaft der Genealogie


Der Begriff Onomastik bezeichnet die Lehre vom Gebrauch der Eigennamen, ihrer geschichtlichen Bedeutung, ihren sozialen Bedingungen und ihrer Etymologie. Im Folgenden soll die Onomastik hauptsächlich als Hilfswissenschaft der Genealogie betrachtet werden. Die reine Personennamenforschung wird im übrigen der Linguistik der Sprachwissenschaft zugeschlagen und nicht der Geschichtswissenschaft. Hierzu wiederum wird die Personenforschung, die Prosopographie, gezählt, die stark auf die Ergebnisse und Methoden der Onomastik angewiesen ist. Der Ortsnamenforschung kann kein Platz eingeräumt werden. Der Schwerpunkt dieser Einheit liegt wiederum auf den mittelalterlichen Verhältnissen; die wichtigsten onomastischen Phänomene der Neuzeit werden aber dennoch erwähnt.


Die Bedeutung der Namenkunde für die Genealogie ist offenkundig. Schriftliche Quellen reichen oft nicht weit zurück, während sich die Familiennamen in früheren Zeiten gebildet haben und somit das älteste Zeugnis der Familiengeschichte sind. Namen können Auskunft geben über den Beruf, die Heimat oder das Aussehen der Vorfahren zur Zeit der Festwerdung der Familiennamen. Die sprachliche Form, der Lautstand und die Wortzusammensetzung lassen hingegen Rückschlüsse auf das Verbreitungsgebiet und damit auch auf die Herkunft zu. (Falsch hingegen ist die Annahme, dass die Träger gleichen Namens miteinander zwingend verwandt seien. Dies gilt nicht nur für Sammelnamen wie Becker und Schulz, sondern auch für seltenere Familiennamen.) Die Herkunft lässt sich auch aus den Rufnamen der Vorfahren ermitteln, indem mundartliche Formen erkannt und identifiziert werden, die landschaftlich unterschiedlich verbreitet waren. Die Schwierigkeiten einer solchen Untersuchung sind eindeutig: Umbildungen der Namen, Anpassung, Dialektformen oder alternative Schreibweisen müssen beachtet werden. Die Namen sind meistens eben nicht der Veränderung der Sprache gefolgt. Ein gründliches Studium der Germanistik ist also notwendig, um die Namen richtig einzuordnen. In diesen ganzen Schwierigkeiten ist aber auch ein Grund dafür zu finden, dass Namen bis ins 12. und 13. Jahrhundert für die Genealogie nur ein sekundäres Mittel der familienmäßigen Zuordnung sind, danach aber eine steigende Bedeutung erfahren.